Spielerische und effiziente Methode zur Strategie-Entwicklung: In 1-2 Stunden entwickeln Sie ein konkretes Zukunftsbild für sich, Ihr Team oder Ihr Unternehmen. Das Interview aus der Zukunft eignet sich zum Konkretisieren unscharfer Zielvorstellungen und hilft, erste Handlungsschritte zu definieren. Die Methode ist ideal, um trotz Ungewissheit ins Handeln zu kommen, z.B. bei der Gründung eines neuen Unternehmens, zu Beginn eines Entwicklungs- oder Strategie-Projekts oder wenn ein neues Team an den Start geht.
“Um klar zu sehen, reicht of ein Wechsel der Blickrichtung”
Antoine de Saint-Exupéry
Schritt für Schritt
Anmoderation
Die Berater:in startet die Tonaufnahme und führt das Interview aus der Zukunft wie folgt ein: »Wir befinden uns nun genau drei Jahre ab heute in der Zukunft, also am ….. Sie hatten in letzter Zeit einen richtig guten Lauf. Alles, was Sie sich vorgenommen haben, ist eingetroffen – und noch viel mehr! Ein Journalist der Zeitung …. wird Sie nun interviewen.« Die Berater:in übernimmt die Rolle der Journalist:in. Der Rollenwechsel kann verdeutlicht werden, indem die Journalist:in z.B. das Jacket ablegt, eine Mütze aufzieht und ein Mikrofon in die Hand nimmt. Interviewpartner:innen können je nach Situation und Anliegen eine Einzelperson oder ein Team sein. Folgende Fragen werden nun gestellt:

Frage 1
»Herzliche Gratulation zu Ihrem sagenhaften Erfolg! In der letzten Zeit hat sich bei Ihnen so vieles verändert, dass ich als Außenstehender etwas den Überblick verloren haben. Könnten Sie mir verraten, wie Ihr Team (Ihre Abteilung, Ihre Firma) aktuell da stehen? Welche Ihrer Produkte sind besonders erfolgreich und wer kauft sie? Wie funktioniert Ihr Geschäft?«
Frage 2
»Ich würde gerne ganz konkret nachfragen: Wie groß ist Ihre Firma (Abteilung, Team…)? Wie viel Umsatz erwirtschaftet sie? Wie viele Mitarbeiter:innen arbeiten bei/mit Ihnen? Wo befinden sich die Räumlichkeiten und wie sind diese gestaltet? Wie läuft ein typischer Arbeitstag bei Ihnen ab?«
Frage 3
»Woran erkennen Sie, dass Ihre Mitarbeitenden (Ihr:e Chef:in, Ihre Kolleg:innen) einen guten Tag haben? Und woran erkennen Ihre Mitarbeitenden (Ihr:e Chef:in, Ihre Kolleg:innen), dass Sie einen guten Tag haben?«
Frage 4
»Was erzählen denn andere über Sie, z. B. Ihre Kunden, Lieferanten, Wettbewerber, Nachbarabteilungen oder ehemalige Mitarbeitende?«
Frage 5
»Lassen Sie uns kurz über Know-how, Kompetenzen und Kontakte reden. Welche Kompetenzen konnten Sie (Ihr Team, Ihre Organisation) in der letzten Zeit geradezu perfekt ausspielen, viel besser als alle anderen? Welches Know-how und welche Kontakte waren rückblickend entscheidend, vielleicht sogar unverzichtbar?«

Frage 6
»Gab es so etwas wie einen Schlüsselmoment, einen point of no return für den Erfolg?«
Frage 7
»Was war die größte Schwierigkeit, die Sie bewältigen mussten? Wie haben Sie die Probleme überwunden? Wer oder was hat Ihnen dabei geholfen?«
Frage 8
»Ich bin wirklich beeindruckt, was Sie in den letzten Jahren aufgebaut haben. Dazu braucht man bestimmt große Motivation. Auch wenn es etwas pathetisch klingt: Verfolgen Sie eine Mission, die Sie erfüllen möchten?«
Frage 9
»Meine vorletzte Frage für heute: Ich habe gehört, dass Sie am XX.XX.20XX (den heutigen Tag nennen) einen Strategie-Workshop mit Ihrem Team durchgeführt haben. Das soll – so erzählt man sich in der Branche – ein richtig starker Impuls für Sie gewesen sein. Was ist unmittelbar nach dem Workshop – und ich meine wirklich: am Abend nach dem Workshop und am nächsten Arbeitstag – passiert? Was haben Sie danach getan, was Sie zuvor nicht getan haben?
Frage 10
»Was noch? Und was noch?«
Abschluss
»Ich bedanke mich für das interessante Gespräch und die wertvollen Einblicke, die wir unseren Leser:innen dank Ihrer Offenheit geben können. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Erfolg!«
Abmoderation und Debriefing
Die Journalist:in verwandelt sich in die Berater:in zurück, legt Jacket und Mütze ab und nimmt ihren ursprünglichen Platz ein. Falls es Beobachter:innen gibt, werden diese nach ihren Eindrücken gefragt, die spontan geäußert und auf Moderationskarten festgehalten werden. Anschließend äußert sich die interviewte Person zu ihren Empfindungen während des Interviews. War es schwierig, leicht, lustig, überraschend, sinnlos, nützlich…? Anschließend empfiehlt sich eine längere Pause. Nach der Pause wird man sich über das weitere Verfahren verständigen. Zu klären sind insbesondere:
- Gibt es inhaltliche Rückfragen?
- Sind Irritationen entstanden, die jetzt geklärt werden müssen?
- Wurden Meinungsverschiedenheiten deutlich, die besprochen werden sollten?
- Welche Aufgaben sind als Nächste anzugehen?
- Wer macht was bis wann?
Wann ist das Interview aus der Zukunft sinnvoll?

- Das Interview aus der Zukunft ist eine Spielart der Zukunftsprojektion. Aus dem Einzelcoaching sind andere Zukunftsprojektionen bekannt, z.B. die »Wunderfrage« oder die »Rede zum 80. Geburtstag«. Das Interview aus der Zukunft eignet sich besonders für die Arbeit mit Teams oder Geschäftsleitungen, um ein gemeinsames Verständnis der Zukunft herzustellen. ch habe die Methode z.B. bei einer Firmen-Neugründung, bei einem Branding-Prozess sowie bei einem Workshop zur Verbesserung der internen Abläufe durchgeführt.
- Das Setting ist spielerisch und macht Spaß. Allein das steigert die Motivation! Häufig sind Strategie-Tagungen sehr ernste Angelegenheiten und die Beteiligten entsprechend angespannt. Beim Interview aus der Zukunft ändert sich die Stimmung spürbar ins Positive. Inhaltlich bewegt sich das Interview dennoch auf der geschäftlichen Ebene, bleibt eher sachlich und ist somit an den eingespielten Business-Diskurs anschlussfähig.
- Das Interview aus der Zukunft entfaltet eine gute Wirkung zu Beginn einer ein- oder zweitägigen Strategie- oder Team-Klausur. Es reißt alle für eine mittelfristige Ausrichtung relevanten Aspekte an und führt direkt ins Eingemachte. Es schärft den Blick für die relevanten Themen, für Ressourcen und Chancen.
- Das Interview aus der Zukunft beleuchtet zwei unterschiedliche »Zukünfte«: Den erwünschten Endzustand in etwa 3 Jahren und die ersten Stunden und Tage nach dem Jetzt. Auf den langen Zeitraum dazwischen fallen während des Interviews zwar einige Schlaglichter, es wird aber kein vollständiger Projektplan mit allen Zwischenschritten entwickelt! Dieser Ansatz, den wir aus der lösungsorientierten Beratung und den Prinzipien von Effectuation kennen, empfiehlt sich bei ungewissen Vorhaben und im agilen Umfeld – also immer dann, wenn eine detaillierte Projektplanung unmöglich oder zu aufwändig wäre.
- Das Interview aus der Zukunft aktiviert zum kurzfristigen Handeln bei gleichzeitig langfristiger Ausrichtung. Es beugt damit dem »Versanden« von Veränderungsimpulsen vor. Dadurch dass unmittelbar nach dem Workshop die ersten Umsetzungsschritte gestartet werden, fördert es Quick wins, die wiederum die Motivation der Beteiligten stärken und kritische Stakeholder zu überzeugen helfen.

Was sollten Sie besonders beachten?
- Sie können ein einziges Interview (z. B. mit dem Geschäftsleiter) mehrere sukzessive Einzelinterviews (z. B. mit den verschiedenen Teamleiter:innen) oder aber auch ein Gruppeninterview (z. B. mit Ihrem Team) durchführen (lassen).
- Das Strategie-Interview aus der Zukunft liefert viel Information in kurzer Zeit. Es sollte aufgezeichnet, protokolliert und idealerweise auch visualisiert werden.
- Die Journalist:in sollte darauf achten, dass ihre Interviewpartner:innen gedanklich in der Zukunft bleiben und nicht zu früh in die Gegenwart zurückreisen. Es hilft, wiederholt auf das Setting hinzuweisen: »Wir befinden uns im Jahr …, also drei Jahre in der Zukunft.«
- Erst bei Frage 9 holt die Journalist:in ihre Partner:innen ins Hier und Jetzt zurück, tut dies aber umso hartnäckiger: Die nächsten Schritte müssen so konkret wie möglich formuliert, terminiert und verbindlich vereinbart werden.
- Die Stimmung im Interview sollte locker und kreativ sein. Es darf gelacht und fantasiert werden, sollte jedoch nicht zum Klamauk verkommen. Die Journalist:in muss auf die richtige Balance zwischen Spiel und Seriosität achten.

- Nach Abschluss des Interviews sprechen die Beobachter:innen eine Zeit lang darüber, was sie gehört und beobachtet haben, was Ihnen aufgefallen ist, was bemerkenswert erschien. Interviewer:in und Interviewte:r hören diesen Gesprächen zu, beteiligen sich aber nicht daran.
Literaturtipp
Burgstaller, Susanne (Hrsg.): Lösungsfokus in Organisationen. Zukunftsorientiert beraten und führen. 256 S., Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2015.
Das hervorragende Praxisbuch stellt die Grundlagen lösungsorientierter Beratung dar und zeigt, wie dieser aus dem Einzelcoaching stammende Ansatz auch in Organisationen erfolgreich eingesetzt wird. Die Leser:innen erhalten wichtige Hinweise, um eine Einzel-Intervention wie das Interview aus der Zukunft in einen größeren Rahmen einzubetten.
Haben Sie Interesse an lösungsorientierten Impulsen für Ihren nächsten Strategie- oder Team-Workshop? Sprechen Sie mich an! Sie erreichen mich per E-Mail oder Tel. unter +49 (0)711 65 66 00 35.
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